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Der Wille des Kindes: Ab wann zählt die Meinung im Familienrecht?

  • Autorenbild: TrueDads Deutschland
    TrueDads Deutschland
  • 2. Sept.
  • 2 Min. Lesezeit

Wenn Eltern sich trennen oder scheiden, ist oft umstritten, wo das Kind leben soll oder wie der Umgang gestaltet wird. Neben dem Kindeswohl rückt dabei zunehmend auch der Wille des Kindes in den Fokus. Doch ab wann und in welchem Umfang wird die Meinung eines Kindes rechtlich berücksichtigt?


Gesetzliche Grundlage: Anhörungspflicht

Nach § 159 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen) gilt:

  • Das Familiengericht muss Kinder anhören, sobald sie das 14. Lebensjahr vollendet haben.

  • Jüngere Kinder „sollen“ angehört werden, wenn ihr Wille für die Entscheidung von Bedeutung ist.


Damit erkennt der Gesetzgeber an: Auch Kinder haben ein Recht, ihre Meinung in Verfahren zu äußern, die ihr Leben betreffen.


Entwicklungspsychologische Perspektive

Psychologisch betrachtet entwickelt sich der Wille eines Kindes schrittweise:

  • Ab ca. 3 Jahren: Kinder können Wünsche äußern („Ich will zu Mama!“).

  • Ab ca. 6 Jahren: Wünsche werden reflektierter, Kinder können einfache Begründungen geben.

  • Ab ca. 10 Jahren: Kinder sind in der Lage, stabile Präferenzen zu entwickeln und Argumente abzuwägen.

  • Ab ca. 14 Jahren: Der Wille hat ein deutlich stärkeres Gewicht – auch, weil Jugendliche zunehmend eigenständig handeln können.


Wichtig ist die Unterscheidung zwischen einem spontanen Wunsch (z. B. beeinflusst durch die Stimmung oder den letzten Streit) und einem stabilen Willen, der über einen längeren Zeitraum hinweg konsistent geäußert wird.


Gewichtung durch Gerichte

Gerichte prüfen den Kindeswillen nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit dem Kindeswohl.Drei Fragen stehen im Mittelpunkt:

  1. Ist der Wille autonom gebildet oder beeinflusst?– Kinder können unbewusst durch Loyalitätskonflikte oder elterlichen Druck gelenkt werden.

  2. Wie stabil ist der Wille?– Ein kurzfristiger Wunsch hat weniger Gewicht als eine über Monate gleichbleibende Haltung.

  3. Ist der Wille entwicklungsangemessen?– Je reifer und nachvollziehbarer die Argumentation, desto stärker fließt der Wille in die Entscheidung ein.

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Praktische Umsetzung

  • Das Gericht spricht mit dem Kind meist ohne die Eltern, um eine freie Meinungsäußerung zu ermöglichen.

  • Jugendamt oder Verfahrensbeistand („Anwalt des Kindes“) unterstützen dabei, die Sichtweise des Kindes darzustellen.

  • Ab einem gewissen Alter kann der Wille sogar entscheidend sein – etwa wenn ein 15-jähriges Kind klar äußert, bei welchem Elternteil es leben möchte.


Fazit

Der Wille des Kindes ist ein zentrales Element in familiengerichtlichen Verfahren – aber nicht das einzige. Er muss mit Bindungen, Stabilität und Förderkompetenz der Eltern abgewogen werden. Die Berücksichtigung des Kindeswillens zeigt, dass Kinder keine „Objekte“ familienrechtlicher Regelungen sind, sondern eigene Persönlichkeiten mit Rechten und Bedürfnissen.

 
 
 

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